Wissenswertes über Taiji/Taichi

Was ist Taiji (T’ai-chi / Taichi / Tai chi)?

Taiji kommt aus der klassischen Tradition und Kultur Chinas und gehört zur sanften und inneren Schule der Kampfkünste, weshalb es auch Meditation in Bewegung genannt wird. Es ist ein ganzheitlicher Kampfsport, der auch rein aus gesundheitlichen Aspekten heraus betrieben werden kann. Jede Übung tut sowohl Körper als auch Seele und Geist gut. Taiji kann mit Waffen (z. B. Schwert, Stock, Säbel, Fächer), als auch anderen Hilfsmitteln (z. B. Ball) oder ausschließlich mit dem eigenen Körper (quan/ch’üan = Faust = ohne Waffe; gesprochen etwa: tschüan) praktiziert werden …

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Nach den alten Lehren ist ein wesentliches Kennzeichen des Taiji u. a., dass sowohl der gesamte Körper gekräftigt als auch das Qi (= vitale Energie oder Lebensenergie; etwa gesprochen: Tschì) gemehrt werden sollen.

Sowohl meine eigenen Erfahrungen als auch die sämtlicher KursteilnehmerInnen bestätigen die wohltuenden und weitreichenden Wirkungen des Taiji.

Beim Taiji werden kontrollierte und fließende Bewegungen mit bewusster Atmung und bewusster Körperhaltung sowie visueller und geistiger Aufmerksamkeit und Vorstellungskraft kombiniert. Sowohl die linke als auch die rechte Gehirnhälfte sind integriert, was Aufmerksamkeit, Koordination, Konzentrations- und Lernfähigkeit fördert.

Es gibt unterschiedliche Stile im Taiji. Im Westen sind Taiji-Stile mit langsamen Bewegungsabläufen am Populärsten. Es gibt jedoch auch Abfolgen mit schnellen und plötzlichen Bewegungen. Diesen letztgenannten Bewegungsabläufen ist der ursprüngliche Kampfgedanke deutlich anzusehen.

Auch schnelle Bewegungen werden in Ruhe und Achtsamkeit ausgeführt.

Schon allein diese Ruhe und Achtsamkeit unterstützen die Heilung nervöser Überreiztheit, stressbedingter Erkrankungen sowie weiterer psychologisch-emotionaler Erkrankungen. Zusätzlich liegen auch im inneren Aufbau der Übungen Abläufe, die uns über die körperliche Bewegung helfen, in geistig-emotionale Ausgeglichenheit zu kommen.

Bei physiologischen (also körperlichen) Erkrankungen, deren Ursache nach vielerlei Lehren auf feineren als der körperlichen Ebene liegt, ist die Wirkung des Taiji ebenfalls beachtlich. Es heisst: „Eine Entspannung der Glieder und des Rumpfes hat für viele Erkrankungen eine heilende Wirkung.“ Die tiefe Bauchatmung, die wir im Training immer mehr entwickeln, hat eine starke Entlastung des Herzens zur Folge. Außerdem wirkt sie sich positiv auf die Flexibilität des Zwerchfells und der Bauchmuskulatur aus. Durch die Bewegungen des Taiji werden die inneren Organe massiert, was u. a. die Verdauung und Durchblutung unterstützt. Der ständige Gewichtswechsel in den Beinen führt zur Stärkung der Muskel-Venen-Pumpe, was ebenfalls die Durchblutung und damit den gesamten Menschen unterstützt. Durch die entspannte und gerade Körperhaltung werden sämtliche Gelenke des Haltungsapparates einschließlich der Wirbelsäule entlastet.

Folge ist, dass die überall zwischen den Wirbeln austretenden Nervenleitungen besser funktionieren, der Druck auf die Bandscheiben sinkt, die Bandscheiben können wieder besser Feuchtigkeit aufnehmen und werden wieder flexibler, die Knie, Hüft- und Fußgelenke werden entlastet und gewinnen an Flexibilität.

Die Bewegung der Gelenke erfolgt beim Taiji mit Leichtigkeit und fördert die Bildung von Gelenkflüssigkeit. Alle Muskeln, Sehnen, Gelenke und Knochen werden auf ausgewogene Art gefordert und gefördert.

Der gesteigerte Qi-Fluss (Qi = Lebensenergie) tut allen Körpersystemen gut, belebt und erfrischt den Körper auf optimale Weise.

In China gibt es drei Ansichten, wo im physischen Körper Erkrankungen beginnen:

1. Es heißt, dass die Alterssteifheit in den Füßen beginnt.

Die Füße werden mit den Wurzeln eines Baumes verglichen. Wurzeln verhelfen dem Baum sowohl zu Stabilität als auch zu Nährstoffen.

Diese uns tragenden Füße haben von Natur aus viele Möglichkeiten, die in unserem Alltag oft nicht genutzt werden. So werden im Alltag selten Rückwärts- oder Seitwärtsschritte gemacht, auf einem Bein gestanden und in den meisten Fällen wird schon beim Gehen der Fuß nicht richtig angehoben, aufgesetzt und abgerollt. Der Qi-Fluß und auch die Durchblutung und der Stoffwechsel in den Füßen werden dann immer schwächer, die Füße können ihre Aufgaben, die über das Tragen des menschlichen Körpers weit hinausgehen, nicht mehr richtig erfüllen. Das Gleiche gilt für die darüberliegenden Gelenke, deren Bewegung mit der Bewegung der Füße direkt zusammenhängt. Probieren sie einmal aus, wie sehr sich die Bewegung, z. B. des Kniegelenkes, mit der Art wie Sie Ihren Fuß beim Gehen absetzen und anheben, ob sie ihn abrollen oder nicht, verändert.

2. Eine weitere chinesische Lehre sagt, dass alle Krankheit von der (Fehl-)Haltung des Kopfes kommt. Auch die Haltung des Kopfes wird im Taiji mit Leichtigkeit zu einem Optimum gebracht. Ich persönlich bevorzuge das Bild eines Kranes oder eines Engels (oder was immer Sie mögen), der uns an der höchsten Stelle des Körpers sanft zum Himmel zieht (bei langer und entspannter Wirbelsäule ist dies die Verlängerung der Wirbelsäule / Fontanelle). Wichtig ist dabei, dass wir uns diesem Zug überlassen. Es hat sich gezeigt, dass die Vorstellung, dass wir die Ausrichtung zum Himmel ausschließlich durch eine äußere Hilfe (also Engel, Kran …) bekommen, ausgesprochen hilfreich dafür ist, eine optimale Ausrichtung mit weitestgehend entspannter bzw. auf optimale Weise fein gespannter Muskulatur zu erlangen.

Ist das Knochengerüst zum Himmel ausgerichtet, stehen wir mit wenig Muskelkraft stabil und entspannt. Wir überlassen die Muskeln der Schwerkraft (Sie schmelzen am Knochengerüst herunter.). Mit dieser Körperhaltung werden nicht nur die überall zwischen den Wirbeln austretenden Nervenstränge wieder frei, so dass die Informationsflüsse im Körper wieder gut funktionieren können, sondern wir bekommen damit sogar Spannungen in der Körpermitte gelöst – eine wichtige Voraussetzung für den Fluss von Energie/Qi.

3. Es leuchtet sicherlich ein, dass die Wirkung dieses vorgenannten Vorstellungsbildes – „Ich überlasse mich dem Zug zum Himmel“ – auch den Folgen der dritten chinesischen Lehre, dass alle Krankheit aus dem Bereich der Wirbelsäule kommt, entgegen wirkt.

Dass sowohl der Schwung unseres Ganges, unsere Körperhaltung und das Maß der Anspannung unserer Muskulatur in Zusammenhang mit unseren Stimmungen stehen, wird vielen LeserInnen bekannt sein. So wie unsere Stimmung unseren Körper drücken, erheben oder verspannen kann, wirkt ein gestreckter lockerer Körper auch wieder förderlich für eine lebensfrohe Stimmung.

Noch viele Vorteile des Taiji könnten genannt werden. Ganze Bücher sind damit gefüllt. Dies würde jedoch die Möglichkeiten einer Informationsseite erheblich übersteigen. Ich hoffe, Ihnen einen Eindruck der tief- und weitgreifenden Wirkung des Taiji vermittelt haben zu können.

Bei regelmäßiger Anwendung wirkt Taiji krankheitsvorbeugend und fördert die Heilung von Seele, Geist und Körper.

Es heisst, dass Taiji uns den Geistesfrieden eines Weisen, die gesundheitliche Robustheit eines Holzfällers und die Gelenkigkeit eines Babys gibt.

Ich finde es immer wieder unglaublich zu erleben, wie weitgreifend Taiji ein Leben fördern kann.

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Worauf ich in von mir geleiteten Kursen besonders achte

Prinzipiell ist das Erlernen von Taiji in jedem Alter und sowohl für Mädchen und Frauen als auch für Jungen und Männer sinnvoll und möglich.

Dennoch gibt es Erkrankungsgrade, in denen selbst die ausgewogenen Bewegungen des Taiji eine Vorbereitung brauchen bzw. zunächst einmal individuell ausgewählt werden sollten. Deshalb bitte ich Sie bei körperlichen Beschwerden vorher Ihren Arzt um Rat zu fragen …

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Gerne stehe ich Ihnen auch für individuelles Personaltraining zur Verfügung.

Schon ganz einfache Grundübungen, die die Taiji-Prinzipien beachten, haben grosse Wirkung. Deshalb ist auch vereinfachtes Training bei eventuellen körperlichen Einschränkungen sehr sinnvoll und bringt in der Regel bei regelmäßiger Übung gute Verbesserung der Lebensqualität.

In den von mir angeleiteten Kursen und Workshops lege ich sehr viel Wert darauf, dass jede(r) TeilnehmerIn für sich den individuell optimalen Zugang zum Taiji und zur eigenen Umsetzung der Übungen findet und sich wohlfühlen kann. Von Anbeginn an, wird im Rahmen der aktuellen persönlichen Möglichkeiten auf das Erlernen und Erfahren einer optimalen Körperausrichtung und Muskel(ent-)spannung geachtet.

Grundprinzipien 16.6 (9)-zugÜbungen, in denen zwei Menschen, sich gegenseitig behilflich sind, sind ausgesprochen hilfreich dabei. Wir gehen hier sehr einfach, sorgfältig und achtsam vor, so dass es für jeden verständlich und umsetzbar ist.

Hierauf beruht der einwandfreie und lückenlose Fluss des Qi (vitaler Energie oder Lebensenergie), der Voraussetzung für eine ganzheitliche Gesundheit ist.

Weshalb ich Taiji als eine der besten Lebensschulen, die ich kenne, betrachte, erfahren Sie unter der Überschrift „Die philosphische Grundlage“.

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Die philosophische Grundlage

Die philospohische Grundlage des Taiji liegt im Daoismus, der sich in jeder einzelnen Bewegung spiegelt.

Ziel ist es, sich harmonisch in den Wandel des Lebens, das Wechselspiel von Yin und Yang, einzufügen und dadurch sowohl ganzheitliche Gesundheit, geistige Gelassenheit als auch großes kämpferisches Können zu erlangen.

Dieses Wechselspiel wird im Taiji körperlich z. B. in Form von ständiger Gewichtverlagerung ausgeführt – Eines der Beine kann dann für die Yin-Qualität und eines für die Yang-Qualität stehen …

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Taiji-Bewegungen enthalten noch viele weitere Wechsel von yang und yin: oben und unten, links und rechts, außen und innen, vor und zurück. Das Fliessen des Lebens findet sich in allen Ebenen wieder.

Das yin- und yang Symbol wird oft zweidimensional dargestellt:

YinundYang

Meines Wissens ist diese Symbol tatsächlich als Kugel gedacht:

In einer Kugel ist leichter zu verstehen, dass die sich in jeweils gegensätzlicher Farbe im Partnerfeld befindenden Punkte den Ein- und Ausgangspunkt von Kanälen der Extreme zueinander darstellen: Ein Kanal von weiß zu schwarz und ein Kanal von schwarz zu weiß.

Die in diesem Symbol befindlichen Prinzipien lauten:

1. yin und yang begrenzen sich gegenseitig. (Wenn der eine existiert, kann der andere nicht existieren – z. B. Tag und Nacht.)

2. yin und yang bedingen einander, sind voneinander abhängig. (Wenn einer existiert, existiert auch der andere. Fällt der eine weg, tut der andere es auch.)

3. yin und yang befinden sich in ständiger Umwandlung zueinander.

4. Jederzeit sind alle diese Punkte existent. yin und yang ergänzen und begrenzen sich zur gleichen Zeit!

Diese Prinzipien müssen wir mit unserer Weisheit lesen. Der Verstand allein kann sie nicht verstehen. Dem Verstand erscheinen sie als Widersprüche, die nicht gleichzeitig existieren können. Unsere Weisheit jedoch weiß, dass dies nur so erscheint, und dass es im irdischen Leben nichts Absolutes gibt.

Das yin- und yang-Symbol soll sämtliche Zustände des irdischen Lebens symbolisieren.

Der ursprüngliche Name dieses Symboles lautet „Taiji“.

Und weil die Sportart „Taiji“ ebenfalls sämtliche Aspekte des irdischen Lebens in sich enthält, wurde es nach der Taiji-Monade benannt.

Zitat Chungliang Al Huang: „Durch jede Körperhaltung und jede Bewegung im Tàijí verwandeln sich Gegensätzlichkeiten so, dass sie in Harmonie diese Yin-Yang-Wechselbeziehung miteinander eingehen können.“

Über die körperliche Erfahrung lernen wir immens viel – nicht nur über uns selbst, sondern auch dass und wie wir ganz bewusst, unser Leben gestalten und dies zu unserem Wohlbefinden im gesamten Leben nutzen können.

Taiji ist ein ganzheitlicher Gesundheitssport. Man könnte auch sagen, es ist eine Lebensphilosophie.

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Unterschiedliche Schreibweisen

Sicher fragte sich der oder die eine oder andere Leser/in schon einmal, wie es kommt, dass es unterschiedliche Schreibweisen des gleichen Begriffes gibt. Oder womöglich fragt sich jemand, ob die Begriffe T’ai- chi ch’üan, Taichi chuan und Taiji quan wirklich das Gleiche meinen. Ja, sie meinen das Gleiche.

Die unterschiedliche (Buchstaben-)Schreibweise ist darauf zurückzuführen, dass es sich beim Chinesischen um eine Symbolschrift handelt, für die es lange keine einheitliche (Buchstaben-)Umschrift gab. Im Laufe der Zeit waren unterschiedliche Umschriften üblich. Aufgrund des Bekanntheitsgrades der alten Schreibweise schloss ich mich lange Hermann G. Bohn, einem Schüler von Song Zhi Jian, an und nutzte für diese Begriffe die ältere Form der Wade-Gilles-Umschrift (=T’ai-chi ch’üan). Grundsätzlich halte ich jedoch eine einheitliche Umschrift für sinnvoll und schloss mich deshalb irgendwann der modernen und im gesamten heutigen China offiziell gelehrten Pinyin-Umschrift an …

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Denn: Immer wieder kommt es vor, dass ich mich beim Schmökern – gerade in älterer Literatur – frage, welches Wort jetzt genau gemeint ist. Oft ist es zwar aus dem Zusammenhang zu vermuten, leider aber nicht immer. Wird in älterer Literatur das Wort „Chi“ benutzt, ist damit oft Energie, also „Qi“ (Pinyin) gemeint. Aber eben nicht immer. Manchmal könnte beispielsweise auch „Xi“ („x“ wird wie „ch“ gesprochen), also Atmen, oder etwas noch Anderes gemeint sein. Manchmal findet man sogar in ein und demselben Buch für dieselbe Bedeutung unterschiedliche Schreibweisen. Zum Beispiel fand ich einmal in einem Buch die Erläuterungen zum „Qi“ (Energie) in dem Abschnitt zum Qigong in der Pinyin-Umschrift, also „Qi“ und „Qigong“. In dem Abschnitt zum Taiji wurde für alles die Wade-Gilles-Umschrift benutzt. Statt „Taiji“ stand dort „Taichi“ und statt „Qi“ fand sich dort „Chi“. Ich kann mir vorstellen, dass dies für Laien richtig verwirrend sein kann.

Die Hintergrundinformationen weiter unten werden zeigen, dass im Wort „Taiji“ eine allumfassende Bedeutung steckt. Wenn sie alles umfasst, beinhaltet sie auch das Qi, die Energie. Diese wird jedoch nicht extra hervorgehoben.

Die moderne Pinyin-Umschrift (= Taiji quan) wird inzwischen auch außerhalb Chinas immer bekannter. Pinyin enthält eindeutige Umschreibregeln.

Ergänzend kommt hinzu, dass die Aussprache des zweiten Schriftzeichens im Begriff „Tàijí“ – also „Jí“ – im Hochchinesischen dem „j“ entspricht. Taiji quan wird in etwa „Taìjí tschüan“ ausgesprochen.

Soweit mir bekannt ist, gab es über die Wade-Gilles und Pinyin-Umschrift hinaus noch weitere Arten der Umschriften, über die mir jedoch keine weiteren Informationen vorliegen.

Neben den Veränderungen, die es in der Umschrift gab, gibt es auch immer wieder Entwicklung in der Schreibweise der Schriftzeichen. Viele Schriftzeichen werden heute vereinfacht dargestellt. Für Taiji kann dies z. B. so aussehen:

Für uns Europäer ist es oft sehr schwierig die Bedeutung chinesischer Schriftzeichen in vollem Umfang zu erfassen oder deren Bedeutung in kurzen Worten wiederzugeben. Viele Schriftzeichen enthalten eine Fülle von Bedeutungen, so dass es großen Interpretationsspielraum gibt.

Chungliang Al Huang, ein wunderbarer Kalligraph und Taiji-Lehrer, erklärt die Schriftzeichen „Taiji“ wie folgt:

Das Wort „Tài“ besteht aus einem Symbol. Es „ähnelt dem Körper eines Menschen, der sich weit öffnet und sich zugleich auf die Quelle seiner Lebenskraft (Xia Dantian, ungefähr gesprochen: chia Dantien) in seiner Mitte konzentriert.“

Das Wort „Jí“ besteht aus zwei Symbolen. In dem linken dieser beiden Zeichen können wir „uns mit einem wachsenden Baum vergleichen:

Von den Wurzeln (unsere Füße und Beine) über den Stamm (unser Becken und unser Oberkörper) breiten wir uns aus mit Ästen und Zweigen (unsere Arme und unsere Hände) mit Blättern, Blüten und Früchten (unsere grenzenlosen schöpferischen Ausdrucksmöglichkeiten).“

Das rechte der zwei Symbole sagt uns, dass wir nicht vergessen sollten, „demütig zu bleiben, wenn wir über uns hinauswachsen uns mit dem Himmel (oberer Querstrich) und der Erde (unterer Querstrich) vereinen (wie das Quadrat, das in einen Kreis übergeht – links), uns ständig mit ihnen austauschen (unendliche Achterschleife – rechts) und so unsere Energie erneuern.“

Diese zwei Symbole zusammen versinnbildlichen „das ständige Achtsam-in-sich-Hineinhorchen, auf dass diese Meditation in der Bewegung unablässig vollkommener wird. (…) (Jí) ist eine Landkarte, ein Wegbereiter; (Jí) zeigt uns, was wir von unserem Körper lernen können, es bringt das dem Körper angeborene Wissen, seine Weisheit zum Ausdruck. (Tàijí) heißt wörtlich: Das Höchste, das Vollkommene in der praktischen Erfüllung des täglichen Lebens.“

Toyo und Petra Kobayashi, ebenfalls zwei Taiji-Lehrer, sagen dazu: „Die Grundbedeutung der chinesischen Schriftzeichen T’ai und Chi ist „groß“ und „Balken“ (Firstbalken). Im I Ging heißt es dazu: „Mit dieser Linie, die an sich eins ist, kommt eine Zweiheit in die Welt. Zugleich mit ihr ist oben und unten, rechts und links, vorne und hinten – kurz, die Welt der Gegensätze – gesetzt.“

Ein weiterer der vielen Versuche, Taiji für uns zu übersetzen, der mir schon sehr oft begegnet ist, ergibt dieses: Taiji bedeutet „Das höchste, vom menschlichen Verstand nicht begreifbare, Prinzip“.

Zusammen mit der Übersetzung von Chungliang Al Huang, dem darin hergestellten Bezug zum praktischen Leben, sowie den erklärenden Worte von Toyo und Petra Kobayashi kann dies vielleicht der tatsächlichen Bedeutung des Begriffes Taiji einigermaßen nahe kommen.

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Fotoquelle: Loni Liebermann

Unterschiedliche Schulen und Stile

Es gibt verschiedene Stile und Formen im Taiji, die mit und ohne Waffen (Taiji quan – ch’üan/quan = Faust, also ohne Waffe) oder mit anderen Werkzeugen ausgeführt werden können. Von der Faust über den Stock, Schwert, Säbel, Fächer bis hin zum Ball sind vielerlei Werkzeuge zu finden.

Taiji hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer weiter entwickelt, so dass es nicht „die Überlieferung“ gibt. Bereits innerhalb des Taiji quan (waffenlos) gibt es mehrere Schulen/Stile, von denen ich zum Verständnis hier eine kurze Einführung geben möchte: Die Bezeichnungen der Stile leiten sich von den Familiennamen, der Familien, die sie entwickelt oder verfeinert haben, ab …

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Der Lao-Jia (Alter Rahmen) oder auch Chen-Stil dürfte die Grundlage vieler heutiger Stile sein. Er wurde innerhalb der Familie Chen entwickelt.

Der Chen-Stil ist durch fließenden Wechsel von Bewegungen mit Krafteinsatz zu Bewegungen ohne Krafteinsatz und von plötzlichen Sprüngen zu langsamen, weichen Bewegungen gekennzeichnet.

Aus dem Chen-Stil entstand der Yang-Stil. Yang Lu-Chan lernte in der Chen-Schule bei Meister Chen Chang-Xin. Yang Lu-Chan wiederum lehrte seinen Enkel, der aus dem Chen-Stil den Yang-Stil entwickelte. Der Name dieses Enkels ist Yang Cheng-Fu. Der Yang-Stil gehört zum Großen Rahmen (Da-Jia), der gekennzeichnet ist durch „natürliche und gestreckte Haltungen, langsame, gleichmäßige und fließende Bewegungen sowie schwunghaften Bewegungsablauf mit Ausgewogenheit zwischen Gewandtheit und Standhaftigkeit wie beim Chen-Stil“. Der Yang-Stil soll auch dynamische schnelle Bewegungen in einigen Übungen oder Formen enthalten. Mir persönlich sind diese jedoch nicht bekannt. Der Yang-Stil ist der zur Zeit in Europa am weitesten verbreitete. Aber auch der Chen-Stil gewinnt immer mehr Popularität.

Des weiteren gibt es noch den Mittleren Rahmen (Zhong-Jia), zu dem der Wu-Stil nach Quan-You und Jian-Quan (Nahm später den Namen Wu an, s. weiter u.) gehört, und den Kleinen Rahmen (Xiao-Jia). Der Mittlere Rahmen beinhaltet eine gemäßigte Haltung und ausgeprägte Bewegungen.

Die schnellen und gewandten Bewegungen des Kleinen Rahmens haben kurze Reichweiten. Hierzu gehören der Wu-Stil nach Wu Yu-Xiang und der Sun-Stil (etwa gesprochen: Zun-Stil) nach Meister Quan-You aus dem Mandschu-Volk und dessen Sohn Jian-Quan, der später den chinesischen Familiennamen Wu annahm.“

Alle Stilrichtungen und Schulen kennenzulernen würde eine größere Zeitspanne als eine durchschnittliche Lebensdauer übersteigen. Auch nur eine Schule wirklich zu erforschen betrachte ich persönlich als eine sehr langfristige, wenn nicht als eine Lebensaufgabe.

Die von mir angebotenen Kurse beschäftigen sich im Bereich des Taiji quan mit Formen aus dem Yang-Stil.

Im Bereich des Waffenkampfes biete ich das Erlernen der 32er Schwertform und der sowie Fächerformen nach Li Deyin an.

Trotzdem Taiji eine auf sehr altem Wissen beruhende und eine schon lange existierende Gesundheitsübung ist, ist die heutige Publizität von Taiji in China nach meinem Wissen zu einem großen Teil Professor Li De Yin, bei dem ich einige Kurse besuchen durfte, und der meine LehrerInnen-Prüfung abnahm, zu verdanken.

Durch die Kulturrevolution verlor vieles alte Wissen seine Verbreitung.

Aber auch in alten Zeiten waren die Taiji-Übungen längst nicht allen Bevölkerungsteilen zugänglich.

Professor Li De Yin brachte Taiji in den 50er Jahren an die Renmin-Universität, um es in der Bevölkerung bekannter zu machen. Dabei wurde auch die inzwischen sehr bekannte Peking-Form (24er-Form, Beijing-Form) entwickelt.

Aufgrund der großen Wirksamkeit des Taiji wurde von dort aus für eine Verbreitung der Taiji-Übungen innerhalb der Bevölkerung Chinas gesorgt.

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