Qigong-Richtungen
Im Laufe der Jahre habe ich mich mit unterschiedlichen Qigong-Richtungen beschäftigt. Der Hauptgrund dafür, dass ich nicht bei einer Qigong-Richtung blieb, liegt darin, auch für diejenigen, die über Jahre meine Qigong-Kurse besuchen, immer mal wieder etwas Neues anbieten zu können.
Grundsätzlich vertrete ich die Ansicht, dass Quantität kein Zeichen für Qualität ist. Um in wirklich große Verständnistiefen für Energieabläufe, für die Wirkungsweise einer Qigong-Richtung zu gelangen, würde ich grundsätzlich empfehlen, so oft wie möglich zu üben und sich zunächst einmal mit nur einer Qigong-Richtung zu befassen. Entsprechend beschäftigen wir uns innerhalb der ganzjährigen Übungsgruppen bis zu mehreren Jahren mit der Erarbeitung einer einzigen Qigong-Richtung. Es heisst: “Wer eine Qigong-Richtung kann, kann 1000de, wer 100 nicht gut kann, dem fallen alle schwer”.
Selbstverständlich achten wir in jeder Qigong-Richtung die immer gleichen Prinzipien der Körper- und der Geisteshaltung sowie die ruhige Atmung.
In den Bewegungsabläufen und Vorstellungsbildern unterscheiden sich die hier angesprochenen Qigong-Richtungen zum Teil erheblich voneinander.
Durch einen Text können nur grob Informationen zum Qigong weitergegeben werden. Letztlich müssen die Übungen selbst erfahren werden.
Wie unterschiedlich die Richtungen zum Teil auch sein mögen – jeder Qigong-Richtung liegen wertvolle Ausgangspunkte zugrunde, so dass ich meine, dass jede Qigong-Richtung es wert ist, erfahren zu werden. Lassen wir uns auf sie ein, kann sich jeder innere Widerstand lösen, und wir können ihre wunderbaren Qualitäten erfahren.
Für alle Qigong-Richtungen gilt: Regelmäßige Übung mit offenem Geist für die Übung bringt große Wirkungen.
Alle Qigong-Bewegungen können auch im Sitzen oder “nur” in der Vorstellung ausgeübt werden. Von der Mehrheit der Menschen werden die meisten Qigong-Bewegungen zwar in aufrechter Haltung durchgeführt. Ist dies einem einzelnen Menschen bei einer oder mehreren Übungen jedoch nicht möglich, so können einzelne Übungen oder auch gesamte Übungsabfolgen in reduzierter Form z. B. im Sitzen oder sogar “nur” in der Vorstellung ausgeführt werden. Die Wirkung bleibt trotzdem voll erhalten, wenn Sie sich auf die Übung einlassen.
Die nachfolgenden Qigong-Richtungen können Sie in meiner Schule kennenlernen und erfahren:
- Zhonghua Qigong
- Medizinisches/Innennährendes/Neiyang Qigong
- Wudang Qigong/Übungen der sechsfachen Harmonie
- Sechs heilende Laute
- Daoistisches Qigong
- Acht Brokate
- Qigong in der Schwangerschaft und in der Geburtsvorbereitung
- Auf den Schwingen des Drachen
- Guolin-Qigong
- Frauen-Qigong
- Fünf Tiere-Qigong
- Daoistische Yang Sheng Methode für Gesundheit und langes Leben
- Die Fünf Tibetanischen Übungen
In diesem Text versuche ich gerne, Ihnen einen Eindruck zu diesen Qigong-Richtungen zu vermitteln. Zu jeder dieser Qigong-Richtungen können Sie hier schon einmal einige Hintergrundinformationen nachlesen, wenn Sie möchten:
Zhonghua Qigong
Einfache Übungen – große Wirkungen!
Das Zhonghua Qigong besteht aus sehr sparsamen Bewegungsabläufen und gehört dennoch in einem Großteil zu den Übungen des bewegten Qigong. Alle Bewegungsabläufe sind sehr einfach und verlangen nur – außer bei der Raupenübung – wenig Koordinationsvermögen.
In dieser Qigong-Richtung wird das Koordinationsvermögen indirekt über das Reinhalten und Beleben der Energiekanäle angesprochen.
Durch Zehenstand (der nach und nach erlernt werden kann) wird der Gleichgewichtssinn gestärkt. Punkte, die auf wichtigen Energiebahnen liegen, werden eben so aktiviert wie die gesamte Wirbelsäule und damit auch das ganzheitliche Gesamtsystem des Menschen.
Auch die Raupenübung (wellengleiches Bewegen der Wirbelsäule) kann nach und nach erlernt werden bzw. ausschließlich in der Vorstellung durchgeführt werden.
Als vorbereitenden Teil kann es zum Beispiel die “100-Gelenke-Übung” geben. “100” soll hierbei darauf hinweisen, dass alle Gelenke berührt werden. Es ist eine Lockerungsübung für alle Gelenke.
Im Zhonghua-Qigong selbst gibt es fünf Übungen:
1. Energie aufnehmen über fünf Punkte:
Vom Beginn “Buddha betet” wird über die Ausrichtung der Hände und der Aufmerksamkeit über die Bereiche Xia Dantian (Unterbauch), Ming Men (unterer Rücken), Lao Gong (Handinnenflächen), Yong quan (an der Fußsohle), und Bai Hui (Schädeldecke) Qi (Energie) aufgenommen und im Körper gelenkt und gesammelt.
Wenn diese Übungen wach und aufmerksam und mit der geistigen Bereitschaft, dass tatsächlich vieles durch diese Übungen geschehen kann, regelmäßig durchgeführt werden, treten in der Regel tatsächlich sehr schnell Qi-Gefühle (Wahrnehmungseindrücke von Energie) auf. Dies können z. B. Wärme oder Kribbeln sein – Wenn sich Blockaden lösen oder der Körper sich neu strukturiert können in machen Phasen auch nicht so schöne Gefühle bis Schmerzen auftreten. In der Regel legt sich dies wieder wenn die Blockaden aufgelöst sind bzw. die Neustrukturierung abgeschlossen ist. Nichts desto trotz – wie unter dem Punkt Qigong gesagt – sprechen Sie ggf. bitte vorsorglich mit Ihrem Arzt. Dies gilt für alle Qigong-Richtungen bzw. für alle Bewegungsarten, die das Selbstregulierungs- und Selbstheilungssystem des Menschen aktivieren. Bei längerer Übung werden in der Regel auch die Energiebahnen im Körper sowie eine Goldene Kugel im Xia Dantian wahrgenommen und Blockaden dauerhaft gelöst. (Letztlich gilt auch dies für alle Qigong-Richtungen.)
2. Schüttel-Gong
Über die Füsse gut mit der Erde verbunden und über den höchsten Punkt am Kopf mit dem Himmel wollen wir vom Körperzentrum aus den gesamten Körper entspannt und rhythmisch schütteln.
Alle Gelenke und Muskeln entspannen: Die Zähne klappern, Gesäßmuskeln, Hoden und Brüste sollen fliegen. Blockaden können ausgeschüttelt bzw. ausgelockert werden. Das gesamte Hormonsystem wird angeregt und gelöst.
Die Übung soll ca. 5 bis 6 Minuten dauern.
3. Raupen-Übung
Hierbei wird die Wirbelsäule in alle Richtungen durch Bewegung und Vorstellung geöffnet. Zum Großteil wird die Wirbelsäule wie eine Welle bewegt, was in der Regel nach anfänglichen Schwierigkeiten auch den meisten TeilnehmerInnen nach einiger Zeit der Übung gelingt. Was körperlich nicht durchführbar ist, wird zumindest mit der Vorstellung bejaht. Kombiniert, also gleichzeitig, mit der Wellenbewegung der Wirbelsäule, öffnen die Hände bestimmte Energiebereiche, über die Qi eingeatmet wird. Diese Punkte sind:
Unteres Energiefeld (Xia Dantian), Mittleres Energiefeld (Zhong Dantian) und Oberes Energiefeld (Shang Dantian).
4. Schwertfinger
Eine Standübung, in der mit Hilfe eines bestimmten Fimgermudras verbrauchtes Qi aus dem Oberkörper fließt. Sollte nur halb so lang sein, wie die Qi-Aufnahme vorher.
5. Kleiner Kreislauf und Qi pflegen
Abschlussübung aus dem Stillen Qigong.
Kleiner Kreislauf oder Kleiner Himmelskreislauf:
Ein zentraler Qi-Kreislauf, der mit allen Bereichen im menschlichen System verbunden ist, wird durch Vorstellung und Atmung aktiviert. Diese Übung wird oft im Sitzen durchgeführt.
Qi pflegen:
Still sitzen und Energie aufnehmen – wenn möglich mit der Gegenbauchatmung (s. u.), um im Unterbauch (Xia Dantian) Platz für die entstehende Energiekugel zu schaffen. Gegenbauchatmung: In den Brustkorb und evtl. auch oberen Bauch einatmen und beim Ausatmen den Unterbauch weit werden lassen.
Medizinisches/Innennährendes/Neiyang Qigong
Selbstverständlich ist es auch vorbeugend und “einfach” zur Gesunderhaltung sehr wirkungsvoll.
Da es an vielen Kliniken eingesetzt wird, ist es eine der Qigong-Richtungen zu denen Studien die Wirksamkeit belegen.
Wie bei vielen Qigong-Richtungen finden wir auch hier unterschiedliche Stufen.
Das Neiyang Qigong enthält Ruhe- und bewegte Übungen.
In der Grundstufe besteht die bewegte Form in erster Linie aus Übungen zur Selbstmasssage. Die Mittelstufe enthält neben der Ruheübung zwei bewegte Formen. Jede der bewegten Formen enthält 12 Übungen – je 6 Übungen zu einer von zwei Atemmethoden.
Bei beiden Atemmethoden geht es um die sogenannte “weiche” und die “harte” Atmungsmethode. Die Begriffe “weich” und “hart” sind keine Bewertungen. Weder die eine noch die andere ist erstrebenswerter. Beide haben ihren Sinn. Die Begrifflichkeiten verdeutlichen lediglich die scheinbaren Gegensätze yin und yang, die sich gleichzeitig gegenseitig ausschließen, bedingen, ineinander wandeln und ohne einander nicht sein können.
Die weiche Atemmethode beinhaltet eine Atempause nach der Ausatmung, die harte nach der Einatmung. Die Pause hat die Funktion, die vorhergehende Aktion zu verlängern (also Aus- oder Einatmung) und dadurch gleichzeitig auch die nachfolgende zu stärken: Atme ich tief aus und warte ein wenig mit dem Einatmen, verlängere ich den Prozess der Ausatmung – der Ruhe, des Loslassens beispielsweise – und vertiefe den Impuls der Einatmung. Atme ich tief ein und mache dann eine Pause, vergrössere ich das Atemvolumen, die Phase des Aufnehmens von Sauerstoff, und kann um so mehr wieder ausatmen.
Diese Qigong-Richtung enthält zum Teil sehr komplexe Bewegungsabläufe, die mit Geduld und Lächeln (“Ohne Lächeln ist es kein Qigong” – Zitat Qigongmeisterin Liu Yafei) aber von fast jedem erlernt werden können. In einer Gruppe, gibt das allen TeilnehmerInnen die Möglichkeit, ihr Können zu vervollkommnen: Während die Einen vielleicht noch die äußere Haltung üben, können die Anderen die Feinheiten innerhalb der Haltung üben: Den Kopf langziehen lassen (Wirbelsäule wird gedehnt), den unteren Rücken lockern, Verbindung zwischen Himmel und Erde sein …
Alle Ebenen des Körpers werden sowohl durch die Bewegungen selbst als auch die Geisteshaltung bei den Übungen aktiviert. Koordinationsvermögen und Gleichgewichtssinn werden gestärkt.
Die erste bewegte Form dient dazu, die Sehnen zu dehnen, um das Qi (Energie) zu leiten.
Die ersten sechs Figuren, zur “weichen” Atemmethode gehörend:
- Klares Qi heben und trübes Qi senken
- Den Sternenhimmel im Liegen beschauen
- Das Qi malt einen Regenbogen
- Das Boot gegen den Strom schieben
- Der riesige Drache spielt im Meer
- Innere Energie fließt durch Himmel und Erde
Die zweiten sechs Übungen, zur “harten” Atemmethode gehörend:
- Den Himmel heben und die Erde drücken
- Alter Baum wächst tief in die Erde/Alter Baum mit 1000 Wurzeln
- Sich umdrehen und auf den Tiger zielen
- Wettlauf mit Sonne und Mond
- Himmelssäule dehnen
- Goldener Hahn steht auf einem Bein
Das Qi zu leiten, um langes Leben zu erreichen, ist das Ziel der zweiten bewegten Form.
Die ersten sechs Übungen, zur “weichen” Atemmethode:
- Der rotgekrönte Kranich tanzt
- Der Lotus schwingt im Wind
- Die heilige Schildkröte schluckt Qi
- Alter Fischer rudert das kleine Boot
- Der Phönix fliegt in die Morgensonne
- Qi im Xia Dantian (unterem Energiefeld, liegt unterhalb des Bauchnabels im Körperinneren) sammeln.
Die zweiten sechs Übungen, zur “harten” Atemmethode gehörend:
- Der Frühlingswind bewegt den Weidenzweig
- Ne Zha (Name eines Kindes, um das sich viele Geschichten ranken) erforscht das Meer / Ne Zha spielt im Meer
- Der clevere Affe präsentiert die Pfirsiche den lang lebenden Menschen (Der Pfirsich ist Symbol für Unsterblichkeit)
- Der Luohan zerteilt den Berg
- Der riesige Drache dreht sich am Himmel
- Lass das Qi im Dantian wirken/Bewege das Qi im Dantian/Energieball rollen oder ziehen
(Wenn “nur” Dantian gesagt wird, ist das untere Dantian im Unterbauch gemeint.)
Die intuitive, durch das Qi geführte Bewegung füllt die Aufbaustufe.
Wudang Qigong – Übungen der sechsfachen Harmonie – Liu He Gong
Dieses Wudang-Qigong ist ebenfalls ein sehr altes Qigong, dass aus den berühmten Wudang-Bergen stammt. Die Wudang-Berge gelten als Zentrum für Innere Kampfkünste.
Sie finden dort viele Klöster, von denen sich sehr viele mit Inneren Kampfkünsten – oder auch weichen Kampfkünsten – beschäftigen. Daher gibt es auch mehrere Qigong-Richtungen, die die Überschrift “Wudang-Qigong” tragen.
Qigong-Richtungen mit der Bezeichnung “Wudang-Qigong” können sich in ihren Bewegungsabläufen stark unterscheiden.
Bei den “Übungen der sechsfachen Harmonie” haben wir – äußerlich betrachtet – wieder recht einfache Übungsabläufe.
Ich persönlich nenne es öfter ein, im positiven Sinne minimiertes Qigong. Diese Betrachtung ist in mir deshalb entstanden, weil nicht nur die äußeren Bewegungsabläufe einfach sind, sondern auch die bewusste Vorstellung auf “WuWei” – Handeln durch
Nichthandeln – reduziert ist. Wir nutzen keine konkreten Vorstellungsbilder, wie sonst in vielen mir bekannten Qigong-Richtungen, sondern begnügen uns damit, uns zum Beispiel vorzustellen, wie unser Arm vom inneren Qi (der Energie) bewegt wird.
Gerade diese Einfachheit und diese Art der Aufmerksamkeit ermöglichen einen sehr schnellen Zugang zu zwei im Qigong sehr wichtigen Punkten mit großer gesundheitlicher Wirkung: Das Qi fließen lassen, das Qi steuern.
Obwohl es sich um so einfache Übungen handelt, kann man sich auch in Gruppen westlicher Tradition jahrelang mit dieser Qigong-Richtung beschäftigen, ohne dass sie langweilig wird.
Nach einer Aufwärmphase gibt es fünf Übungen, die jeweils einen Bezug zu einem Organfunktionskreis im menschlichen Körper haben, eine Ausgleichsübung zum Sammeln/Zurückholen und Festigen (Bezug zum 6. Funktionskreis) und noch einmal ein
Ausklingen durch Lockerungs- und Massageübungen.
Zu dieser Qigong-Richtung möchte ich betonen, dass ich ohne die umfangreiche schriftliche Unterstützung von Herrn Karl-Heinz Fietzek nicht so schnell in ein so tiefes Verständnis dieser Qigong-Richtung hätte kommen können.
Herr Fietzek hat auch eine kleine DVD, die den Übungsablauf einmal komplett zeigt (keine Lehr-DVD in dem Sinne, weil ohne Worte und ohne Anleitung, aber eine gute Erinnerungsstütze), herausgegeben. Informationen zur DVD und viele weitere Informationen finden Sie auf seiner Seite www.wudang-qigong.de.
Auch an dieser Stelle nochmal herzlichen Dank an Herrn Fietzek!
Sechs heilende Laute – Liu Zi Jue Jia Qigong
Jeder dieser drei Punkte kann schon äußerst wirkungsvoll für sich alleine genutzt werden. Sie zu kombinieren führt bei ernsthafter Übung in der Regel sehr schnell zu spürbarer Entwicklung.
Das Tönen ist für manche Menschen etwas gewoÅNhnungsbedürftig. Meistens wird diese Hemmung jedoch sehr schnell gelöst, und wir haben viel Freude mit diesen Übungen.
Gerade wegen der großen Wirkung bitte ich hier immer besonders aufmerksam zu sein und eventuelle Auffälligkeiten gleich mitzuteilen, damit wir Übungslänge und –intensität ggf. entsprechend anpassen können.
Das Prinzip der “Heilenden Laute” kenne ich in unterschiedlichen Ansätzen – sowohl stehend als auch sitzend. (Natürlich gilt ohnedies immer die Anpassungsmöglichkeit für die/den Einzelne(n) entsprechend den individuellen Möglichkeiten.)
Zu den sechs Funktionskreisen/Organpaaren im menschlichen Körper gibt es jeweils eine Übung und einen Ton, der zu einem Organ aus einem Organpaar gehört.
Leber (schüüü) – Organpaar: Galle/Leber
Herz (koooo) – Organpaar: Herz/Dünndarm
Milz (huuuu) – Organpaar: Magen/Milz
Lunge (tscha) – Organpaar: Lunge/Dickdarm
Nieren (koi) – Organpaar: Blase/Niere
Dreifacher – Funktionspaar: Perikard (Herzbeutel)/Dreifacher Erwämer
Erwärmer (schiiiiii)
Zu Anfang, zwischen den einzelnen Übungen und zum Abschluß gibt es jeweils eine Übung zur Atemregulation. Diese ist sehr wichtig, weil beim Üben mit Tönen der Zusammenhang zwischen Atmung und Bewegungsablauf genau umgekehrt wie sonst im natürlichen Prozeß ist.
– Im natürlichen Prozeß werden mit der Einatmung steigende Bewegungen durchgeführt, da mit der Einatmung das Qi (die Energie) hinten hoch steigt (siehe z. B. oben bei Kleiner Himmelskreislauf) bzw. dort hoch steigt, wo wir sie hinlenken. Mit der Ausatmung senkt sich das Qi im natürlichen Prozeß vorne runter – oder dort, wo wir sie hinlenken.
Beim Tönen wollen wir mit Hilfe der Töne erreichen, dass sich störendes Qi löst und über das Tönen hinaus bewegt. Dies wird sowohl durch bestimmte Mundform und ggf. Zungenhaltung als auch durch den Bewegungsablauf unterstützt.
Tönen bedeutet Ausatmen. Bei diesem Ausatmen wird das störende, gelöste Qi über den Mund ausgeleitet. Die Hand- und Armbewegungen helfen diesem Qi, den Weg zum Mund zu finden. Da der Mund, über den der Ton heraus kommt, in Bezug zu den Organen oben sitzt, müssen sich die Hände also von den Organen nach oben bewegen. Die steigende Bewegung wird also gleichzeitig mit dem Ton, dem Ausatem, durchgeführt.
Beim Einatmen wollen wir dann wieder das mit der Einatmung aufgenommene kräftigende Qi in die Organe hineinbringen. Auch hierbei hilft die Bewegung. Wir atmen durch die (im Bezug zu den Organen oben liegende) Nase ein und helfen mit den Bewegungen das Qi in die Organe hinein zu senken. Während der Einatmung erfolgt also eine senkende Bewegung.
Dies ist die erste Stufe der Vorstellung.
Wenn dieser Teil mit Leichtigkeit “von der Hand geht” (Tatsächlich gibt es wenig Bewegung mit den Beinen, deshalb hat sich wohl auch eine sitzende Variante als ebenso gültig wie eine stehende durchgesetzt.), kann die Vorstellung erweitert werden. Je nach Gruppe nehmen wir dann die Vorstellung einer zum Organ passenden Farbe oder hilfreicher Meridianverläufe hinzu.
Daoistisches Qigong
Einfache, schöne und Leichtigkeit vermittelnde Übungen mit starken Vorstellungsbildern.
Zunächst geht es um Reinigung, dann um Aufbau der inneren Kraft, Gesundheit und Harmonie und schließlich um Verfeinerung.
Reinigung:
Das Qi abschüttelnde Übung
- Teil: Gegenschwung
- Teil: Den Pfahl einsenken
- Teil: Zitterndes Pferd
Aufbau-Übungen:
- Streicheln des Bartes (Ergänzend zum Bewegungsablauf zur Speicherung des Qi im Unterbauch Huiyin und Weilü anspannen – oder Gesäßschließmuskel – anspannen. Zungenspitze an oberen Gaumen über Schneidezähne.)
- Schwingen – fördert zusätzlich das Verdauungssystem (Zur Speicherung des Qi im Unterbauch Huiyin und Weilü anspannen – oder Gesäßschließmuskel – anspannen. Zungenspitze an oberen Gaumen über Schneidezähne.)
1. Die daoistischen fünf yin-Organ-Übungen
(stärkt die fünf yin-Organe: Lunge, Nieren, Leber, Herz, Milz)
Beginnt mit Lockerung des Rückens in der Verbindung zwischen Erde und Himmel
Dann die fünf organbezogenen Übungen
Verfeinern:
2. Der goldene Ball
Bei dieser Übung scheinen Ein- und Ausatmung wieder umgekehrt zu sein wie üblicherweise. Durch eine wellenartige Bewegung, die über die Beine in den Rücken in die Arme läuft, geschieht dies jedoch auf ganz natürliche Weise.
Zum Abschluss wieder eine regulierende, sammelnde Bewegung.
Acht Brokate / Acht edle Übungen / Ba Duan Jin

Entspannung und Anspannung sowie Dynamik und Trägheit sind miteinander kombiniert. Muskeln und innere Gedärme werden von innen nach außen entspannt, so dass Freiheit von allen Hemmnissen erreicht werden kann.
Wie alle Qigong-Richtungen fördert es das ganzheitliche System des Menschen, also sowohl Körper (Muskeln, Organe, Gelenke, Knochen, Nerven, Kreislauf) als auch Geist und Seele (oder welche Begriffe Sie hier wählen mögen).
Ba Duan Jin wird oft als “Acht Brokate” (Ba = 8, Duan = Teile) bezeichnet und ist auch unter diesem Namen bekannt und in Deutschland vermutlich auch bekannter, weshalb ich ihn auch hier als Überschrift genutzt habe. “Jin” bezeichnet im Chinesischen etwas
Glänzendes, Schönes – wie zum Beispiel auch Brokatstoff.
Die ersten Aufzeichnungen, in denen etwas über Ba Duan Jin zu finden ist, stammen aus dem Jahre 1117. Aus diesen Aufzeichnungen wird deutlich, dass auch zu dieser Zeit schon das Ba Duan Jin sehr bekannt war, es also anscheinend eine noch längere Geschichte hat.
Bestätigt wird dies auch dadurch, dass in einem Familienfriedhof eines hohen Beamten in den 70er Jahren in China eine Brokatmalerei gefunden wurde, die bereits vier Übungen beschreibt, die vier der modernen Ba Duan Jin-Übungen sehr ähnlich sind. Diese Malerei stammt aus der von 206 v. Chr. bis 220 n. Chr. liegenden Han-Dynastie (frühe und späte Han-Dynastie).
In einem aus der Qing-Dynastie (Beginn Mitte des 17. Jhs.) stammenden Lied zu diesen Übungen gibt es folgende Hintergrundinformationen: “Die Hände mit nach oben gerichteten Handflächen hochhalten, um die inneren Organe zu regulieren. Als Bogenschütze posieren, der links- und rechtshändig schießt. Einen Arm emporhalten, um die Funktion von Milz und Magen anzupassen. Nach hinten schauen, um pathogene Faktoren zu verjagen. Den Kopf wiegen und den Körper senken, um das Herz-Feuer zu vertreiben. Die Hände am Rücken herabbewegen und die Füsse berühren, um die Nieren und Taille zu stärken. Die Fäuste ausstrecken und wütend mit den Augen starren, um die Kraft zu stärken. Die Fersen heben und senken, um Krankheiten zu heilen.”
Im Laufe der Zeit sind viele unterschiedliche Schulen zu dieser Bewegungsrichtung entstanden. Die nördliche und die südliche Schule stellen die zwei Hauptrichtungen dar. Die nördliche Schule trainiert ein wenig härter und nutzt oft die sogenannte Reiterstellung (Ma Bu), also einen breiteren Schritt mit gebeugten Knien, was einen höheren körperlichen Anspruch darstellt.
Zunächst üben wir in den Gruppen den äußeren Bewegungsablauf bei Beachtung der Grundprinzipien (wie immer), um sie dann mit dem Atem zu koordinieren und zu harmonisieren.
Wie gesagt, gibt es unterschiedliche Schulen zu diesen Übungen, so dass auch hier im westlichen Kulturkreis etwas unterschiedliche Ausführungen Verbreitung gefunden haben.
Weil es sich um eine so bekannte, einfache und wirkungsvolle Methode handelt, ist sie im Rahmen der Wiederentdeckung alter Gesundheitstraditionen in China in die Aufmerksamkeit offizieller Stellen geraten und wurde wissenschaftlich untersucht. Aus der Vielfalt der bekannten Ausführungen wurden die wirkungsvollsten zusammengestellt. Ich persönlich habe mich im Großen und Ganzen dieser aktuellen Zusammenstellung von der Chinesischen Gesellschaft für Gesundheit und Qigong angeschlossen.In den nachfolgenden Bezeichnungen der Übungen nenne ich zunächst die bildhafteren, die ich zuerst kennenlernte, und danach die neuen, offiziellen Bezeichnungen, die sich anlehnen an die Informationen aus dem oben zitierten Lied, und eher auf die Wirkungen hinweisen als Vorstellungsbilder zu geben.
1. edle Übung:
Den Himmel stützen, um den dreifachen Erwärmer zu regulieren oder
Die Hände mit nach oben gerichteten Handflächen hochhalten, um die inneren Organe zu regulieren.
Wirkung: Der Dreifache Erwärmer umfasst den ganzen Bereich der inneren Organe. Atmung, Verdauung, Ausscheidung, Durchblutung werden reguliert. Muskeln, Sehnen und Bänder werden gedehnt und die Flexibilität der Gelenke gefördert.
Unterstützt die Heilung von Schulterproblemen. Vorbeugung von Problemen in der Halsgegend.
2. edle Übung:
Den Bogen nach links und rechts spannen, um die Wildgans abzuschießen oder
Als Bogenschütze posieren, der links- und rechtshändig schießt.
Wirkung:
Der Brustkorb wird geöffnet ebenso wie die Wirbelsäule. Atmungsfunktion wird gefördert. Stärkt Hüften und Nieren sowie die Konzentrationsfähigkeit. Löst Schlafstörungen. Führt zu tiefer innerer Ruhe.
3. edle Übung:
Milz und Magen stärken indem man die Arme einzeln hochhebt, den Himmel stützt und die Erde stemmt oder
Einen Arm emporhalten, um die Funktion von Milz und Magen anzupassen.
Weitere Wirkung: Ausgleich von yin (Erde) und yang (Himmel).
4. edle Übung:
Nach hinten schauen und 5 Krankheiten (5 Organfunktionskreise: Lunge/Dickdarm, Magen/Milz, Herz/Dünndarm, Blase/Nieren, Galle/Leber) und sieben Leiden (Emotionen: Zorn, Freude, Trauer, Sorgen, Angst, Grübeln – bei der siebten Emotion sind mir drei unterschiedliche Variationen bekannt: Gier, Stress – ausgelöst durch Wut, Schrecken)
vertreiben oder
Nach hinten schauen, um pathogene Faktoren zu verjagen.
Wirkung: Ganzheitliche Harmonisierung, Anregung der Selbstregulierungskräfte. Akkupunkturpunkte an der Wirbelsäule werden stimuliert. Hals-, Schulter- und Augenmuskulatur werden gestärkt. Halsmuskulatur wird gelockert, Gehirn besser durchblutet.
5. edle Übung:
Mit dem Kopf nicken und mit dem Steiß wedeln, um das Feuer des Herzens zu vertreiben
oder
Den Kopf wiegen und den Körper senken, um das Herz-Feuer zu vertreiben.
Löst Spannungen im Herzbereich und stärkt den Herzbereich, den Rücken, Kreislauf und die Beine. Allgemein entspannend, innerer Stress wird abgebaut.
Akkupunkturpunkte am Hals werden aktiviert.
Muskeln an Hals, Taille, Unterleib, Gesäß und Hüften werden gelockert und gestärkt. Meridianbahnen im Oberkörper werden gelockert und stimuliert.
6. edle Übung:
Hüfte und Nieren stärken indem man die Füsse fasst oder
Die Hände am Rücken herabbewegen und die Füsse berühren, um die Nieren und Taille zu stärken.
Lockert außerdem den Rücken, Schulter-Nacken-Bereich und stärkt die Blase.
Nierenstärkung = Stärkung und Regulierung des Hormonsystems, Knochen und Wachstum. Urogenitalbereich wird harmonisiert.
Sämtliche Akupunkturpunkte des Oberkörpers sowie des Blasenmeridians werden aktiviert.
Muskelgruppen des Rumpfes (- je nach Ausführung) können massiert werden.
Muskelflexibilität steigt.
7. edle Übung:
Die Fäuste ballen, mit den Augen funkeln, um die Qi-Kräfte zu vermehren oder
Die Fäuste ausstrecken und wütend mit den Augen starren, um die Kraft zu stärken.
Stärkt den gesamten Körper und die Konzentrationsfähigkeit. Aktiviert die Augen und damit auch Leber/Galle.
Blutzirkulation wird verbessert. Qi kann um so besser kultiviert werden.
Viele Akkupunkturpunkte und Meridianbahnen – über den ganzen Körper verteilt – werden stimuliert.
Muskeln, Sehnen und Bänder werden gedehnt.
Muskeln werden gestärkt, Körperkraft steigt.
8. edle Übung:
Den Rücken sieben Mal fallen lassen und 100 Krankheiten vertreiben oder
Die Fersen heben und senken, um Krankheiten zu heilen.
Leitet verbrauchtes Qi in den Boden. Wirkt auf das gesamte Körpersystem anregend und löst Verspannungen.
Die Wirbelsäule wird – bei richtier Ausführung – stimuliert und gelockert. Die Bandscheiben können besser Feuchtigkeit aufnehmen.
Die unteren Gliedmaßen werden entspannt und gelockert, Waden- und Fußmuskulatur werden speziell noch